Im Rahmen einer Kleinen Anfrage (Drucksache 19/13672) vom 30. September 2019 wollte die FDP-Fraktion von der Bundesregierung u.a. wissen, ob die Mediationslandschaft in Deutschland auf die digitalen Entwicklungen ausreichend vorbereitet ist.
Das Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) beantwortete unter dem 15. Oktober 2019 die Kleine Anfrage zur Digitalisierung in der außergerichtlichen Streitbeilegung (Drucksache 19/14014)
Veränderungen durch Digitalisierung in der Mediationslandschaft
Die Bundesregierung stellt zunächst fest, dass davon auszugehen ist, dass die zunehmende Gewöhnung an Online-Kommunikation und Entwicklungen wie die Online-Streitschlichtung nach der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten; im Folgenden: ODR-Verordnung) für eine zunehmende Akzeptanz und Nutzung auch von Online-Mediation sorgen werden. Allerdings dürfte es sich hier um eine langfristige Entwicklung handeln. So sei für den Bereich der Mediation derzeit noch zu konstatieren, dass in den meisten Fällen nur Teile des Mediationsverfahrens online durchgeführt werden, während insbesondere die zentrale Phase der Mediation im Regelfall bei persönlicher Anwesenheit der Beteiligten erfolgt.
Vorzüge und Anforderungen der Digitalisierung bei der Aus- und Fortbildung nach der ZMediatAusbV
Die Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatorinnen und Mediatoren (Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung – ZMediatAusbV) legt lediglich Mindeststandards für die Aus- und Fortbildung sowie für Aus- und Fortbildungseinrichtungen fest. Was die Kommunikation zwischen Ausbilderinnen und Ausbildern mit auszubildenden Mediatorinnen und Mediatoren anbelangt, sieht § 2 Absatz 4 der ZMediatAusbV das Absolvieren von „120 Präsenzzeitstunden“ vor. Ziel dieser Regelung sei die Sicherstellung der persönlichen Interaktion der Ausbilderin oder des Ausbilders mit den Teilnehmenden des Ausbildungslehrgangs. Diese Regelung schließt es jedoch nicht aus, die Ausbildung im Rahmen eines Fernstudiums zu absolvieren. Dem entsprechend bietet etwa die Fernuniversität Hagen die Studiengänge „Master of Mediation“ und „Studium Mediation“ an, die ein nachhaltiges, zukunftsorientiertes und berufsbegleitendes Lernen durch „Virtual Classrooms“, Chat-Foren und Online-Seminare auf der Basis der ZMediatAusbV ermöglichen.
Vorbereitung der Mediationslandschaft auf die Digitalisierung und den damit einhergehenden Wandel
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz plant – nicht zu- letzt aus Anlass des Evaluationsberichts zum Mediationsgesetz – für das Jahr 2020 einen Kongress mit allen Interessierten, um sich darüber auszutauschen, wie die Mediation in Deutschland nachhaltig gefördert werden kann. In diesem Rahmen wird auch die Frage erörtert werden, ob die Mediationslandschaft in Deutschland, insbesondere durch die ZMediatAusbV, ausreichend auf die Digi- talisierung und dem damit einhergehenden Wandel vorbereitet ist
Digitalkompetenz für zertifizierte Mediatoren
Vor dem Hintergrund der sich entwickelnden Online-Mediation innerhalb der alternativen Streitbeilegungskultur dürfte Digitalkompetenz auch für zertifizier- te Mediatorinnen und Mediatoren von Relevanz sein. Gemäß § 3 Absatz 1 ZMediatAusbV haben zertifizierte Mediatorinnen und Mediatoren die Vorgabe, sich innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren mindestens 40 Zeitstunden fort- zubilden. Die Inhalte der Fortbildungsveranstaltungen können zertifizierte Mediatorinnen und Mediatoren frei wählen. In der ZMediatAusbV wurde be- wusst davon abgesehen, konkrete Themen vorzuschlagen oder auszuschließen, auf die sich die Fortbildungsinhalte beziehen sollen. Denn auch dem Gesetzge- ber war bewusst, dass sich der Anwendungsbereich der Mediation ausweitet – diesem Prozess soll durch die ZMediatAusbV keine Grenze gesetzt werden. Überdies sollen zertifizierte Mediatorinnen und Mediatoren selbst entscheiden dürfen, in welchen Gebieten sie eine Vertiefung oder Erweiterung ihrer Kenntnisse für erforderlich oder gewinnbringend erachten.
Mithin steht zertifizierten Mediatorinnen und Mediatoren schon jetzt die Mög- lichkeit offen, Fortbildungen zum Umgang mit digitalen Medien bzw. zu den Besonderheiten der Gesprächsführung und den Rahmenbedingungen beim Umgang mit digitalen Medien im Rahmen der Mediation zu absolvieren. Vor diesem Hintergrund erkennt die Bundesregierung keine Notwendigkeit für eine Änderung der ZMediatAusbV.
Absolvierung der Präsenzstunden durch persönliche Interaktion
Eine Absolvierung der Präsenzstunden im Rahmen der Ausbildung sollte nicht vollständig durch die Teilnahme an Online-Seminaren ersetzt werden. Reine Online-Seminare bereiten die Ausbildungsteilnehmenden nicht angemessen auf die Anforderungen der späteren beruflichen Praxis vor, da diese ganz überwiegend durch spannungsreiche zwischenmenschliche Beziehungen im persönlichen Aufeinandertreffen gekennzeichnet ist. Um sich im Umgang mit solchen Situationen zu schulen, ist die persönliche Interaktion mit den Ausbilderinnen und Ausbildern sowie mit anderen Teilnehmenden des Ausbildungslehrgangs erforderlich.
Fortbildungspflicht durch Onlineseminare
Anders als § 2 Absatz 4 Satz 1 ZMediatAusbV, der für die Ausbildung von zer- tifizierten Mediatorinnen und Mediatoren das Absolvieren von „120 Präsenz- zeitstunden“ erfordert, legt § 3 Absatz 1 Satz 2 ZMediatAusbV für den Bereich der Fortbildung lediglich „40 Zeitstunden“ fest. Zertifizierten Mediatorinnen und Mediatoren steht es damit frei, ihre Fortbildungspflicht vollständig durch Teilnahme an Online-Seminaren zu erfüllen, soweit diese den inhaltlichen An- forderungen des § 3 Absatz 2 ZMediatAusbV gerecht werden.
Die Bundesregierung hatte bereits im September 2019 auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (BT-Drucks. 19/13375 – „Transparenz und Qualitätssicherung in der Mediation“) Position zu den Anforderungen an Supervisionen gezogen.
In der Antwort (BT-Drucks. 19/13854) verlangt das BMJV ausdrücklich ein Einzelgespräch. Die Gruppensupervision gewährleiste nicht sicher, dass eine Mediation gerade des Supervidanden Gegenstand des Gesprächs sei.
siehe hier
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