Teil 3: Wie Sie häusliche Isolation und Quarantäne gut überstehen von Prof. Frank Jacobi
Maßnahmen gegen Gewalt (Stand: 23.03.2020)
Räumliche Enge, fehlende Rückzugsmöglichkeiten, der Mangel an Intimität kann zu Aggression und Gewalt führen. Steuern Sie einer Eskalation der Situation aktiv und bewusst entgegen. Folgende Möglichkeiten dazu haben Sie:
- Erkennen und benennen Sie Gewalt. Auch bei sich selbst! Gewalt hat viele Formen: Schlagen, Anschreien, Abwerten, längeres Ignorieren… Seien Sie sich selbst gegenüber ehrlich und reagieren Sie, wenn Sie merken, dass Sie selbst beginnen, vollkommen überfordert und in der Folge gewalttätig werden.
- Telefonieren Sie zur eigenen Entlastung! Telefonieren Sie mit einem Freund/einer Freundin und sei es nur, um mal wieder mit jemand anderem zu sprechen. Wenn möglich, gehen Sie in ein anderes Zimmer. Atmen Sie tief durch.
- Leben Sie Gewalt nicht aus! Negative Emotionen, Anspannung und Aggressionen sind in Ausnahmesituationen normal. Es ist nicht schlimm, jemandem gegenüber aggressiven Gefühlen zu haben – gefährlich wird es erst, wenn man sie auslebt.
- Wenn Gewalt passiert: Reden Sie! Wenn Sie bemerken, dass andere Erwachsene zuhause gewalttätig werden – gerade gegen Kinder oder Jugendliche –, reden Sie mit ihnen. Vielleicht sind Sie in dieser Situation die einzige Person, die den Schutz des Kindes jetzt herstellen kann. Lassen Sie sich dabei unterstützen: von der Telefonberatung eines Gewaltschutzzentrums, der Männerberatung, eines Kinderschutzzentrums, beim Krisendienst.
- Holen Sie sich Hilfe, wenn Sie von Gewalt betroffen sind! Dasselbe gilt natürlich auch, wenn Sie selbst von Gewalt betroffen sind. Hier ist wichtig, dass Sie nicht allein bleiben – denn Sie sind nicht allein, auch wenn es gerade in einer Isolationssituation so erscheinen mag. Holen Sie Hilfe: Bei Freunden, Beratungseinrichtungen, bei der Telefonberatung eines Gewaltschutz- oder Kinderschutzzentrums, bei massiver Gewalt auch bei Polizei oder Kinder- und Jugendhilfe.
- Und vor allem: Holen Sie sich rechtzeitig Hilfe! Warten Sie nicht, bis es zu spät ist. Die vorangestellten Tipps gegen Langeweile, gegen Ängste und Sorgen und vor allem die Tipps gegen Konflikte helfen, mit den unangenehmen Gefühlen umzugehen, die in angespannten, oft beengten Situationen entstehen, bevor diese sich in Gewalt entladen.
Über den Autor
Frank Jacobi ist Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie (Schwerpunkt Verhaltenstherapie) an der Psychologischen Hochschule Berlin
Mehr Informationen finden Sie auch unter www.phb.de
Der vorliegende Text ist verfügbar unter:
Prof. Dr. Frank Jacobi: Wie Menschen häusliche Isolation gut überstehen können
Die Informationen, die Sie in diesem Dokument finden, wurden aus Hinweisen der norwegischen Klinikk for krisepsykologi und insbesondere in enger Anlehnung an ein Merkblatt des Berufsverbands Österreichischer Psychologinnen und Psychologen mit freundlicher Genehmigung übernommen, bearbeitet und ergänzt. Besonderer Dank gilt auch der Mitarbeit von Tanja Jacobi (HU Berlin) und Rebecca Bondü (PHB).
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