Iris Bohnet (*1966) ist Professorin für Public Policy an der Harvard Kennedy School in Cambridge/Massachusetts. Die Schweizerin forscht zu der Frage, wie die Gleichstellung in Unternehmen – ohne Quote – gelingen kann. Außerdem berät sie internationale Unternehmen bezüglich fairer Bewerbungsverfahren. Die Ergebnisse ihrer Forschung hat sie in ihrem Buch What works. Wie Verhaltensdesign die Gleichstellung revolutionieren kann (C.H. Beck 2017) veröffentlich.
Zwei Fragen aus einem Interview mit Iris Bohnet von Katharina Alexander für Edition F
Stand: 30. Oktober 2018
Warum ist es für Unternehmen wichtig, ihre Teams divers aufzustellen?
„Da gibt es vor allem drei Gründe. Erstens ist Gleichberechtigung ist ein Menschenrecht. Das wird leider nicht von allen als wichtigstes Argument anerkannt, darum muss man es immer wieder erwähnen. Darüber hinaus zeigen aber ganz viele Studien, dass diverse Teams besser abschneiden als homogene, beispielsweise wenn es um die kollektive Intelligenz geht. Wenn wir uns diverse Aufsichtsräte und Vorstände anschauen, dann lassen sich positive Zusammenhänge genauso beobachten, allerdings ist es sehr viel schwieriger, die Kausalität wissenschaftlich zu beweisen. Denn natürlich kann es auch sein, dass Firmen, die hohe Positionen mit Frauen besetzen, generell zukunftsorientierter und progressiver sind und dadurch erfolgreicher.“
Wie können wir unsere gesellschaftlichen Vorstellungen von geschlechtsspezifischen Verhaltensweisen verändern?
„Das ist sehr schwierig. Unsere Rollenbilder kommen immer zumindest zum Teil aus der Realität. Wenn ich zum Beispiel keine Frauen in Führungspositionen sehe, dann halte ich es als Frau auch für unwahrscheinlicher, selber zum Leader aufzusteigen. Ich denke, es ist einfacher, zuerst unsere Umgebung zu verändern und dann werden im zweiten Schritt unsere Denkmuster folgen. Wenn wir es Frauen einfacher machen, Karriere zu machen, wird es mehr Frauen in hohen Ämtern geben und dementsprechend werden sich die Bilder in unseren Köpfen verändern. Dazu gibt es Evidenz aus Indien.
Dort wurde das bisher größte Quotenexperiment durchgeführt. 1993 wurde die Verfassung so verändert, dass ein Drittel der Bürgermeisterämter mit Frauen besetzt werden mussten. Dieses Drittel wurde zufällig ausgewählt und seit 24 Jahren können wir beobachten, welche Auswirkungen diese Gesetzesänderung hatte. Eine kürzlich veröffentlichte Arbeit in Science zeigt, dass in Städten und Dörfern, die mindestens zwei Bürgermeisterinnen hatten, sich die Rollenbilder veränderten. Der IAT, ein wichtiger Test bezüglich implizierter Vorurteile, wurde dort durchgeführt, aber genauso wurden Einstellungen und Karriereerwartungen gemessen. Dabei hat sich gezeigt, dass der Karrierewunsch der Eltern sich in dieser Zeit stark veränderte: Heute wünschen sich viele Eltern für ihre Töchter, dass sie Politikerinnen werden.“
Quelle: Interview mit Iris Bohnet von Katharina Alexander für Edition F (Stand: 30. Oktober 2018)
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